Vishnu Digambar

Ma und Vishnu Digambar saßen 1973 gemeinsam zu Füßen von Sri Neem Karoli Baba in Indien. Nach Baba’s Mahasamadhi lebten sie als Chela bei ihrer Meisterin Ma Jaya Sati Bhagavati in Florida. Ma vollendet ihren Weg 1981 und kehrt zurück nach Deutschland. Hier vermissen Ma und Vishnu den Satsang, da sie immer in Gemeinschaften gelebt hatten. Sie beginnen Menschen, die sie kennen, zu indischem Essen einzuladen und Vishnu Digambar kocht für alle.

Einige dieser Menschen wurden und blieben bis zum heutigen Tag Ma’s Schüler. Vishnu Digambar gründete die Kashi Yogaschule in Ulm und bleibt für viele Menschen als ihr Yogalehrer unvergesslich.

Ma spricht immer wieder davon, wie dankbar sie Vishnu Digambar ist, dass er auf einer persönlichen Ebene zurücktreten konnte und die Tür zu ihrer Wohnung, zu ihrer Familie und zu ihrem Leben geöffnet hat. Bis zu seinem Tod am 2. Januar 2009 begleitete Vishnu Digambar Ma als Schüler, Weggefährte und Ehemann. Jedes Jahr an diesem Datum kommen wir Schüler:innen von Ma zusammen, um uns seiner zu erinnern und singen gemeinsam zwölf Mal die Hanuman Chalisa, das Mantra zu Hanuman, das er so sehr liebte. 

Er teilte alles mit uns, so dass wir Ma begegnen konnten, dafür danken wir Vishnu Digambar von ganzem Herzen. Sein Vermächtnis an uns Schüler:innen ist, dass Schuld und Scham endlich ein Ende haben müssen.

2005 hatten wir Vishnu für die SatsangLeela um ein Interview gebeten, woraus der folgende Ausschnitt ist, der eine Momentaufnahme aus Vishnu’s Leben als Schüler mit Baba beschreibt.

Ich kann mich erinnern, dass es hieß, Maharajji ist herausgekommen.

Wir sind alle dahin gerannt, Maharajji saß auf dem Boden neben dem neuen Tempel und ich habe mich hinter ihn gesetzt, so leicht schräg links hinter Maharajji. Ich habe mich da etwas sicherer gefühlt, nicht direkt vor Baba.

Maharajji hat also gesprochen, hier mit Bauarbeitern, Leute hergerufen und Order gegeben, Maharajji ist viel beschäftigt gewesen, plötzlich dreht Baba sich um und nimmt mein Handgelenk und legt es auf seinen Oberschenkel. Ich wurde ganz steif. Es war mir sehr peinlich, Maharajji zu berühren. Ich hatte seine Füße noch nicht berührt gehabt und war bis jetzt nur auf Abstand geblieben und jetzt lag meine Hand auf seinem Oberschenkel. Was will Baba von mir? Ich hab sie zurückgezogen, kaum war sie wieder bei meinem Oberschenkel, kam wieder seine Hand und sie lag wieder auf seinem Oberschenkel. Das hat sich noch einmal wiederholt, ich habe Ausreißversuche gemacht und Baba hat ein drittes Mal meine Hand wieder geholt.

An dem Punkt war dann jeder Widerstand gebrochen. Als Maharajji dann aufgestanden war und wegging und uns zurückgelassen hat, da hatte ich den Wunsch jeden Mann zu umarmen, der mir in den Weg kommen würde. Ich hatte immer wahnsinnige Schwierigkeiten Männer zu berühren. Mein Vater hat mir eine unheimliche Angst vor Homosexualität eingebläut. Und es war für mich fast unmöglich mal einen Mann in den Arm zu nehmen, außer Händeschütteln gab es eigentlich für mich nichts mit Männern. Plötzlich hatte ich meine Hand auf dem Oberschenkel von Baba.

Das war so eins der ersten Teachings.

Ja, es ging von einem Tag in den anderen. Irgendwo muss ich mein Bewusstsein für die äußere Welt weitgehend verloren haben. Ich habe eigentlich nur in dieser wahnsinnigen Liebe zu Baba geschwelgt und wollte nichts anderes, als jede Minute bei Ihm sein und wenn ich nicht bei Ihm sein konnte, wollte ich warten darauf, dass ich wieder bei Baba sein konnte.

Ich habe wenig mitbekommen, ich kann mich noch an die Geräusche in Brindavon erinnern, den Kirtan, der vom Tempel kam, an die Melodien, die gespielt wurden, an den Hanuman Tempel, den ich jeden Tag mehrmals besucht habe, an die Hanuman Chalisa, die wir da gesungen haben. Und dass ich immer, wenn ich um den Tempel herum gegangen bin - wenn man sich verbeugt im Tempel, geht man einmal im Uhrzeigersinn außen herum - hinten an der Wand den Kopf gegen die Wand gelehnt habe, dann war das immer, als würde ich so in ein Universum hineinfallen (Vishnu lacht).

Das war schön. Es war sehr, sehr erfüllt.

Die folgende Geschichte mit Sri Neem Karoli Baba stammt von Vishnu’s langjährigem Freund Ramgiri:

Ich erinnere mich, wie ich zu Maharajji's Füßen saß, mein Freund Vishnu Digambar unmittelbar an meiner Seite. Seit zwei Tagen hatte Baba mir keinerlei Beachtung geschenkt. Es war schrecklich. 

Ich lebte ausschließlich für Seine Liebe und von einem auf den anderen Moment konnte ich zu ihrer Quelle in mir nicht mehr finden.

Stattdessen brauten sich in mir Wellen von Neid und Niedergeschlagenheit zu einem brausenden Sturm zusammen. In dieser äußerlich so friedvollen und reinen Umgebung, zu Füßen meines Gurus sitzend und umgeben von meinen engsten Freunden, fühlte ich mich völlig verlassen und allein. Alles, was Maharajji tat, war seit zwei Tagen mein egoistisches Selbstwertgefühl nicht weiter zu bedienen!

Vishnu dagegen erhielt alle Aufmerksamkeit, was mich in den Vorhof zur Hölle stürzte.

Er saß einfach da, mit strahlendem Gesicht und seinem Schoß voller Prasad.

Ich dagegen hatte nicht einen einzigen Krümel erhalten, der eindeutige Beweis meiner  Misere, völlig wertlos und ungeliebt zu sein.  

Es war mir nicht möglich, mich der Liebe zu öffnen. Es gab keinerlei Hoffnung für mich und keinen Ausweg, außer meinem Leben ein Ende zu setzen.

Doch dann nahm Vishnu Digambar einen Apfel, den er von Maharajji bekommen hatte und gab ihn mir. Ich erlebte in diesem Moment Vishnu und alles Glück dieser Welt so weit von mir entfernt, doch sein Arm reichte durch einen unendlich langen Tunnel aus dem Himmel in die Hölle meiner Einsamkeit.

Aus diesem Tunnel meiner mir selbst auferlegten Trennung fiel mir dieser Apfel in den Schoß und die Verbindung war wieder da!

— Ramgiri Braun, HeartSourcing: Finding Our Way to Love and Liberation