Die Ebene des Erlebens und Fühlens
Ich begrüße euch alle von ganzem Herzen zu diesem heutigen Abend. Ich begrüße euch alle von ganzem Herzen. Und schließt erstmal für einen Moment jetzt eure Augen und setzt euch aufrecht hin, auf dass ihr meinen Gruß erleben könnt. Den kann man nur fühlen. Einen Gruß an euch von ganzem Herzen, aus ganzem Herzen, von mir, dieser Ma. Ihr müsst mir verzeihen, wenn ich schon bei diesem Gruß stehen bleibe, denn schon das ist etwas, das wir Menschen wie verlernt haben. Nicht nur einen Gruß auszusprechen, sondern diesen auch wie aus ganzem Herzen fließend zu erleben – und der Empfangende, der sich diesen Moment nimmt, um eben nicht achtlos wieder darüber hinweg zu gehen, sondern diesen Herzensgruß zu empfangen. Immer wieder höre ich im Rundfunk, im Fernsehen, man kann es lesen, auch bei Gesprächen unter den Menschen, wie schnelllebig unsere Zeit geworden sei. Und wie viele Menschen sich immer wieder dabei erleben, mit dieser Schnelllebigkeit schritthalten zu wollen, auch zu müssen, und dabei natürlich außer Atem geraten. Umso wichtiger erscheint mir meine kleine Botschaft, etwas, was ich meinen Schülern seit vielen Jahren mitzugeben versuche auf ihrem Weg – dieses Innehalten, diesen Kreislauf zu durchbrechen.
Dafür müssen wir uns auf eine wenig benutzte Ebene unseres Bewusstseins begeben, nämlich die Ebene des Erlebens und Fühlens. Einen Herzensgruß fühlt derjenige, der diesen gibt und derjenige, der diesen empfängt. Aber dafür müssen wir Menschen innehalten einen Moment. Und obwohl wir das alle immer wieder, wenn wir es denn einmal versuchen, als letztendlich doch sehr segensreich erleben – zumindest sprechen Menschen so zu mir darüber – weil die Hast, das Außer-Atem-Kommen noch in dem Moment wie abfällt von uns. Schon allein, dass wir in einem solchen Moment des Erlebens ganz automatisch ruhiger atmen, hat ganz sicher eine heilende Wirkung auf unseren Körper, auf unseren Geist, auf unsere Seele. Ich kann mich noch erinnern an ein Spiel aus frühen Kindertagen, wo alle herumrannten und einer rief plötzlich ‚Halt‘, und man blieb in der Bewegung, in der Stellung, in der Haltung innerlich wie äußerlich in diesem Moment einfach stehen. Ich kann mich auch noch an das innere Staunen, sicherlich kindlicher Natur, erinnern, in welcher eigentümlichen Haltung man sich plötzlich befand. Eigentümlich insofern, als man sie eigentlich gar nicht erlebt hatte, so nah und so detailliert auch.
Ich habe dieses Spiel geliebt, weil mit jedem Halt dieses Innehalten verbunden war und heute natürlich noch ist. Und hier jetzt auch jeder bei diesem Innehalten sich selbst einmal sehen kann – die körperliche Haltung, die Haltung des eigenen Geistes, die seelische Haltung. Wie bin ich jetzt in diesem Moment, wie ist mein Körper, wie ist mein Geist? Und tief in uns – wie ist meine Seele in diesem Moment, jetzt? Und so gelangen wir ganz unversehens in eine meditative Haltung, die durch Üben, selbst durch kurzes Innehalten, uns uns selbst begegnen lässt. Diese meditative Haltung, die betrachten lernt das, was ist. Wie ist mein Körper, wie ist mein Geist, tief in uns selbst meine Seele?
Das ist eine Art Königsdisziplin jeder Meditationspraxis, dieser unbeteiligte – und das heißt nicht gleichgültige, sondern einfach nicht eingreifende, nicht verurteilende oder auch nur beurteilende – Zeuge zu werden all dessen, was ist. So wie das jetzt auch möglich ist. Für einen Moment bin ich der Zeuge all dessen, was ist in mir. Das ist das, was ich gelernt habe an der Seite meines Meisters und nach seinem Tod an der Seite meiner Meisterin. Der unbeteiligte Zeuge all dessen, was ist.
Ich danke euch für diese wundervolle Stille, die ihr alle heute Abend möglich gemacht habt. Wenn wir Menschen lernen, zu dieser inneren Stille immer mal wieder und vielleicht dann auch immer öfter eine Art Zuflucht zu nehmen, lernen wir, unser Leben zu bestimmen und nicht mehr, dass das Leben uns bestimmt.
Namasté